28. August bis 10. Sept. 2020

Das Dach eines Wohnwagens aus Holzverkleidung, Fenster, Folie und Dämmmaterial verweist auf den ihm seit einiger Zeit innewohnenden Zerfall.

Thomas Rentmeister, Wilk Stern, 2020, Foto: Bernd Borchert

Thomas Rentmeister bringt, stellt und setzt Alltagsmaterialien in neue Zusammenhänge: Nutella und Penatencrème werden Fugenmasse, Wäsche wird in einer Fensteröffnung zu Füllmaterial und das wiederum aus dem Bau bekannte Streckmetall wird durch Rentmeisters Verwendung zu einem organischen, fast lebendigen Wesen.
Auf den ersten Blick vielleicht ungebräuchlich, sind die eingebrachten Gegenstände jedoch stets für den Ort und seine Thematik passend ausgewählt und erreichen dadurch eine räumliche und künstlerische (sinnhinterfragende) Transformation.

Für die Ausstellung im Kassenhaus bringt Thomas Rentmeister ein fragmentarisches Wohnmobilelement – ein alleinstehendes und elegant gebogenes Dach – in den seit einiger Zeit ungenutzten Raum. Damit erweitern sich zunächst die vier schlichten Wände des vor dem Abriss stehenden Anbaus.

Das eigentliche Mobil hat das Ende seiner Nutzbarkeit erreicht, die Pflege oder Bestandserhaltung durch den Vorbesitzer ist aufgegeben worden. In den 60iger Jahren versprach das Wohnmobil „Stern“ der Firma Wilk Freiheit und diese, wir stellen es uns so vor, wurde auch drei Jahrzehnte gelebt.

Dieses Lebensalter erreicht nun gleichfalls der Stadionbau von 1986, zu welchem das Kassenhaus gehört. Hier und da bröckelt es schon, es gibt Sicherheitsmängel. Die Zeit ist sichtbar vorangeschritten und die Ansprüche an das Gebäude haben sich erhöht. Wie beim Wohnwagen leben im Angesicht des bevorstehenden Abrisses Erinnerungen und Szenen von gemeinsam erlebten Stunden während eines spannenden Sportereignisses auf.

Die in einen Zusammenhang gestellten zwei funktional unterschiedlichen Bauten lassen schließlich Zeit-Räume erkennen, welche jeden merklich oder unbewusst prägen, die wir uns aber durch unsere Schnelllebigkeit oft schwer bewahren können. In Anbetracht der vermeintlichen Ruinen erleben wir mit einem Male die Kurzlebigkeit vieler uns umgebene Dinge. Da sie uns etwas bedeutet haben, messen wir ihnen in einem Moment des ruhigen Betrachtens mehr Wert bei. Könnten Erhalt und Pflege von Bestehendem in unserem Leben mehr Bedeutung bekommen und dieses Handeln in der nahen Zukunft etwas zum Besseren verändern?

 

Thomas Rentmeister
Thomas Rentmeister, Wilk Stern, 183 x 200 x 60 cm, 2020, Foto: Bernd Borchardt
Foto: Bernd Borchardt, 2020